31.08.16 zum zweiten
we did it – nun haben wir es schriftlich:
31.08.16 zum zweiten
we did it – nun haben wir es schriftlich:
31.08.16 zum ersten: gerolstein -kyllburg – 31 km
wir lassen die oberschenkelmuskeln heute ein wenig chillen. in gerolstein steht die evangelische erlöserkirche, die hundertste und letzte kirche des evangelischen berliner kirchbauvereins, zusammen mit kaiser wilhelm II. gebaut und 1913 von ihm persönlich eingeweiht. immer mittwochs gibt es eine führung. der führer war 34 jahre lang der küster der kirche, ist sozusagen mit ihr verheiratet und weiss alles, wirklich alles. verwunderlich ist, dass diese kirche gerade hier gebaut wurde, in der diaspora, in „preussisch sibirien“. es ist eine kirche nach kaiser wilhelms geschmack: oktogonform wie in ravenna. bronzetüren wie am aachener dom. im mosaikstil ausgestaltet. über 1000 quadratmeter und 24 millionen mosaiksteine, viele davon in gold: glassteine wurden mit 24 karat gold belegt, dann nochmal eine schicht glas darüber. durch verschiedene glasfarben darunter entstehen verschiedene goldtöne. in der kuppel 4 byzantinische engel, einer trägt das gesicht einer lehrerin der gegend… im chor christi himmelfahrt, am altar ein lebendiges christusgesicht. der turm reckt sich hoch in den himmel. die gemeinde hatte damals 90 mitglieder, mitten in der hochkatholischen eifel. heute sind es 3000 gemeindeglieder in 67 weilern. dann ist da noch die römische villa sarabodis aus dem 1. jahrhundert, die beim kirchbau freigelegt wurde. ein luxus-landsitz mit römischem bad usw.
die helenaquelle in gerolstein ist leider abgestellt. aber ein paar kilometer weiter gibt uns die lindenquelle eine flasche voll natursaurem heilwasser, schmeckt ein wenig wie leuze.
die fahrt durch das kylltal ist ruhig, rechts und links ragen die wälder auf. wirnsind hier in der vulkaneifel, vor 10000 jahren gab es die letzte vulkantätigkeit. yber die vulkane sind nicht tot, sie ruhen nur…
im kleinen ort mürlenbach erhebt sich die mächtige burg bertrada. zum teil sind die gemäuer privat, es gibt hier ferienwohnungen, hmm, das wär doch mal was…
kurz vor kyllburg die abtei st. thomas, mit einem fortbildungs- und exerzitienzentrum.
kyllburg liegt auf deinem schmalen berggrat, ganz oben hinten die stiftkirche und kreuzgang sowie das stiftgebäude. hier gab es früher die „stiftsfreiheit“, die verfolgten asyl gab und sie vor gerichtlicher verfolgung rettet. allerdings unterwarfen sich die menschen der kirchlichen gerichtsbarkeit. ansonsten nicht viel los in kyllburg – ausser dem netten niederländisch geführten campingplatz.
30.08.16 heimbach – kall – dahlem – gerolstein – 77 km
wir verlassen das rurtal. allein auf den ersten sieben kilometern über 400 höhenmeter, die wir auf einem schotterpfad durch den wald erklimmen. die sonne scheint, ansonsten schieben wir halt mal zwischendurch (äh, andreas schiebt, eva „brettert durch“, sie hat ja auch kein schweres gepäck mehr). die eifel: schöne wälder mit farn, hochebenen mit feldern, kuhweiden, kleinen weilern.
in kall kommen wir ins tal der urft. sehr eng und idyllisch, der radweg oft hoch darüber. die bahn auch wieder dabei.
in jünkerath wechseln wir an die kyll. hier radeln wir grosse strecken auf der via agrippa zwischen trier und köln. hier gibt es unterirdische wasserleitungen, kastelle, tempel… aber die vorstellung, dass genau hier schon vor 2000 jahren menschen unterwegs waren, ist faszinierend.
„o täler weit, o höhen, o schöner grüner wald“: wir haben immer neue wunderbare ausblicke. die eifel lohnt sich, trotz der „qualen“. wir kriegen nicht genug – und enden schiesslich nach 77 kilometern in gerolstein. den sprudel trinken wir ja schon seit einigen tagen. bett & bike-zimmer im hotel am brunnenplatz – sehr netter empfang. fleischorgie beim kroaten.
29.08.16 aachen – hürtgenwald – heimbach – 67 km
jetzt geht es also durch die eifel. wir beginnen gemütlich mit einem stückchen vennbahn-radweg, auf einer alten bahntrasse, das garantiert geringe steigung, bis zum hübschen ort kornelimünster. dann auf dem „d4“-weg über vicht hinauf in die eifel durch den hürtgenwald. die steigungen sind moderat, lange abfahrten erfreuen uns. mit eifelblicken können wir leider nicht dienen, sie sind dem wolken- und regenverhängnis zum opfer gefallen, das uns den ganzen tag begleitet.
in untermaubach bewundern wir die mächtige burganlage und wechseln ins rur-tal. es ist sehr eng und idyllisch. neben bach und bähnle passt der radweg grade noch rein. aber immer wieder müssen wir auch ein stück hoch, einige kleine aber giftige steigungen sind dabei (15%). verschlafene fachwerkdörfchen, kühe mit langen hörnern, forellenteiche, immer wieder schöne brückenblicke auf die rur. wir passieren die eifel-nationalparkgrenze.
gestern abend sind wir noch ohne jacke draussen gesessen, heute ist es recht kühl. die wälder haben eine erste anmutung von herbst. in heimbach instyllisren wir uns auf dem campingplatz. alles, der camping, die konditorei, das lokal „zur alten mühle“, atmet den geist der 60er- und 70er-jahre…
28.08.16 aachen
gemütliches frühstück. pünktlich um 10 uhr mit dem glockenläuten sind wir – nein, nicht in der kirche – in der carolus-therme. es ist wunderbar leer, wir suhlen im warmen wasser – und zwischendurch im kalten.
setzen uns am mittag in den dom, ganz in ruhe, restweihrauchduft hängt unter der kuppel. lassen raum und goldgeglitzer in ruhe auf uns wirken. den aachener dom muss man wirklich gesehen haben. er ist ein gesamtkunstwerk und ein ort voller grosser christlicher symbolik. wer noch nicht hier war, sollte es bald nachholen.
später brüten wir über der landkarte und planen die zukunft der rad-erfahrung. wie kommt man mit schwerem gepäck halbwegs ungequält durch die eifel? morgen geht es also weiter, erstmal richtung trier…
27.08.16 aachen
ausschlafen, frühstück mit orangensaft, speck und rührei statt müsli, lecker. bummel kreuz und quer durch aachen. immer neue gassen und ecken. andreas beim kopfscheren…
domführung. karl der grosse hat ihn bauen lassen. im 8. jahrhundert. als er den auftrag gab, bis zu seiner rückkehr die kirche fertig zu bauen und dafür auch die mittel zur verfügung stellte, ging den aachenern das geld doch aus. da kam ein bettler und versprach, den bau in einem tag fertigzustellen. er forderte dafür die erste seele, die den dom betrat – der teufel. die aachener in ihrer not gingen darauf ein. schlau wie sie waren, trieben sie aber als erstes einen wolf in die kirche. der teufel stürzte sich auf ihn. als er den betrug bemerkte, fuhr er in rasender wut aus dem dom und schlug das bronzene portal mit solcher macht hinter sich zu, dass bis heute der riss zu sehen ist. dabei blieb er mit der hand in dem löwengestaltigen türgriff hängen und verlor einen finger. bis heute konnte niemand den finger aus dem löwenmaul befreien. wem es gelingen sollte, dem winkt ewiger reichtum…
der ursprungsbau ist ein oktogon nach byzantinischem vorbild, ende des 19. jahrhunderts entsprechend ausgeschmückt. niemand weiss, wie er zu karls zeiten innen aussah. ein äusserst prächtiges und beeindruckendes gebäude, das wir von der galerie oben betrachten dürfen. in der mitte der legendäre runde leuchter, gestiftet vom stauferkaiser friedrich. die 31 meter hohe kuppel mit mosaik ausgestaltet, jesus christus als der weltenherrscher. ihm gegenüber auf der westempore der thron des kaisers: da findet man kein gold, kein silber, keinerlei prunk. nur ein plumper steinthron. aber er ist aus antiken bodenplatten gemacht, die (vermutlich) aus jerusalem stammen, vom grab christi, über die er bei seiner auferstehung gegangen ist. also viel wertvoller alles gold und silber. ist karl der grosse wirklich je auf dem thron gesessen? oder sollte es der thron des wiederkommenden christus sein? jedenfalls sind über viele jahrhunderte die kaiser und könige hier gekrönt worden.
in der gotischen choranlage, an das oktogon im 14. jahrhundert angebaut, der schrein mit karls gebeinen. der wurde auf betreiben von friedrich barbarossa heilig gesprochen. auch ein marienschrein steht hier, der eine windel jesu und ähnliche tücher beherbergt. alle sieben jahre werden sie ausgestellt. seit alters ein höchst wichtiger wirtschaftsfaktor für aachen und die region.
da ist viel gold im dom. noch viel mehr gold in der domschatzkammer nebenan. viele der reliquien wurden übrigens von hans von reutlingen im 15. jahrhundert gefertigt – von einem schwaben halt. man kommt aus dem staunen nicht mehr heraus. morgen werden wir den dom nochmal besuchen. man kann ihn aufs erste mal nicht erfassen.
am abend wieder – wie gestern – in der kietzkneipe um die ecke: jolie jour. hier gelingt der spagat der kneipe für die anwohner, die auf ein kölsch vorbeikommen und sich alle kennen. und zugleich gibt es wirklich gute meditterane küche. wir sitzen an der strasse, schlemmen und amüsieren uns. das könnte unsere stammkneipe sein.
26.08.16 lanake – maastricht – aachen – 50 km
50 heisse kilometer. die sonne brennt. das fietsknotenpunktsystem bringt uns sicher und schnell nach maastricht. hier wechseln wir zum lf6a, der uns genauso klar nach aachen führt. da wird es auf einmal richtig hügelig! zwei berge, dazwischen ganz schön wellig. durch felder mit zwiebeln, kartoffeln, frische heuwiesen, hübsche dörfer. gulpen ist sehr nett. zwischendurch müssen wir was kaltes trinken. in vijlen erwischen wir eine auberge, deren wirt jesus- und heiligenfiguren und -bilder sammelt. die ganze kneipe ist voll. unglaublich.
dann sind wir schon in deutschland. merkt man am nun fehlenden radschild. wir folgen nun dem jakobsweg, nochmal den berg ganz rauf und dann den hexenberg wieder runter. puhh! eisdiele ist angesagt, statt dom. und dann ins hotel.
duschexkurs: eine dusche. mit duschkabinentür, dass man nicht alles unter wasser setzt. mit abnehmbarer brause, dass man sich nicht verbrüht/ verkühlt beim einschalten. mit temperaturregler, sodass man selber einstellen kann, wie warm oder/ und kühl man duschen will. und anschliessend kann man auf trockenem boden seine trockenen kleider anziehen – das ist was wert! auf den campingplätzen macht man da die unterschiedlichsten erfahrungen… man erlebt alle, wirklich alle variationen von wasserrinnsalen, miniumkleide“abteilchen“, duschmünzensystemen, bis zu kompletten luxusbadezimmern (1x!). wir freuen uns auf unser eigenes badezimmer, ehrlich!
25.08.16 bocholt – thorn – masseik – maasmechelen – lanaken – 75 km
kurz nach zehn schon 28 grad. wir sind von anfang an mit trinken beschäftigt. ansonsten geht es mal wieder in die niederlande – man merkt das am radweg: er ist wieder zweispurig. aber zur rettung der belgier: die jaagpads/ treidelpfade entlang der kanäle sind hervorragend ausgebaut. und beim überlandfahren zwischen den feldern gibt es tatsächlich schotterwege, die einen asphaltierten radweg nebendran haben! wir sind am vormittag ziemlich allein mit ein paar traktoren und rennradlern. am nachmittag wieder einige radlergruppen. von denen gibt es hier sehr viele. es sind immer ältere radler, oft mit pedelecs. sie haben alle dieselben warnwesten an. vorne fährt einer mit armbinde: „wegekapitaan“, hinten einer: „begleiding“. oft hat der wegekapitaan eine trillerpfeife, die er gerne benutzt, um seine schäfchen in schach zu halten….
thorn ist „die weisse stadt“, sie hat weiss getünchte häuser, eine stattliche abteikirche und schöne gassen mit altem kopfsteinpflaster. dann erreichen wir die maas. gemächlich schlängelt sie sich dahin. in masseik zeigt es 40 grad an – da müssen wir ganz schnell in die eisdiele, ein grosses eis essen. von hier stammen übrigens die berühmten flämischen maler hubert und jan van eyck.
nun kommen viele kilometer damm, kaum mal ein wenig schatten, brütende hitze, ein paar baggerseen, die maas recht weit entfernt. das wasser in den flaschen ist inzwischen brühwarm, lecker! in rekem im supermarkt schnell was kaltes zu trinken, und noch mehr zum mitnehmen. dann schaffen wir es grade noch so zum jocomo-camping in lanaken.
übrigens, für alle, die sich nach dem gestrigen ausflug in die frittur um unsere gesundheit sorgen machen: heute gab’s eine schüssel mit grünem salat, eine mit tomatensalat, einen topf voll kräuterquark – alles selbst gemacht – und ein paar kartöffelchen. damit es nicht zuu gesund ist, poffertjes zum nachtisch.
24.08.16 turnhout – postel – bocholt – 59 km
heute müssen wir euch endlich mal die alte geschichte vom blinden passagier, den andreas bei sich hat, erzählen. nebenbei radeln wir viele kilometer geradeaus am kanal entlang, aber schön schattig, denn es ist eine kanal-allee.
also: es war irgendwo in norwegen, im juni al
so, da hat andreas unwissentlich, wie das so üblich ist, einen blinden passagier aufgenommen. zuerst hat er nur feine spuren gefunden: da war am morgen zwischen lenker und licht ein spinnennetz. ohne was zu denken, hat er es weggewischt: wie sieht denn ein velotraum mit spinnennetz aus! am nächsten morgen war es wieder da. und am übernächsten morgen auch. die spinne, die sich da wohl auf dem fahrrad eingenistet hat, haben wir lange nicht gefunden. aber bis heute, also seit drei monaten, reist sie mit uns. jetzt kann andreas sie manchmal sehen, wenn er sich morgens ganz vorsichtig dem fahrrad nähert. sowie man es bewegt, ist sie weg. ach: und neuestens wandert sie zwischen lenker und sattel hin und her – oder sie hat einen kollegen an bord geholt. das hat nicht jeder: eine mitfahrspinne.
ja, nebenbei sind wir nun also pünktlich zur mittagsmesse in der romanischen abtei postel angekommen. wir nehmen eine zeitlang am gottesdienst teil, dann schleichen wir uns wieder fort. die mönche haben hier ganz weisse gewänder… sie stellen sirup und likör, tees, bier, käse und brot her. wir bummeln durch den klostergarten, dann geht es weiter.
in der hitze dürfen wir heute lange im schatten am kanal oder im wald fahren, das tut ziemlich gut. vor bocholt steigen wir schon am frühen nachmittag am campingplatz goolderheide ab. kurzer sprung in den kleinen see, ein wenig schmodderig, dann unter die dusche. mal wieder wäsche waschen…. echt belgisches lieblingsessen bei der „frittur“: friten, bitterballen – das sind kleine frittierte kugeln, innen eine undefinierbare irgendwie matschig fleischige masse, brrr… – und ein spiess in dicker sosse frittiert. kaaskroketten hatten sie leider (?) nicht mehr. da braucht man viel cola zum neutralisieren dazu…
23.08.16 walem – lier – wechelderzande – turnhout – 74 km
ein heisser tag. sonne satt. in lier schauen wir uns st. gummarus an, eine kirche in brabanter hochgotik. einmal durchs städtchen mit seinem grossen platz. und dann der bezaubernde beginenhof, der hier ein ganzer eigener stadtteil ist, quasi ein städtchen in der stadt. gehört zum weltkulturerbe. hier lebten die beginen in einer art klösterlicher eheloser gemeinschaft, jedoch ohne klausur und gelübde. sie widmeten sich dem gebet und der nächstenliebe. die letzte begine starb 2013.
durch neteland geht es, wieder mit weiden und auenlandschaft. immer wieder finden sich tafeln, die an den ersten weltkrieg vor 100 jahren erinnern, der hier besonders hart geführt wurde. fotos erinnern an die zerstörungen.
von der nete geht es kurz an den albertkanal und dann ab weiter ins land. hier radeln wir fast den ganzen nachmittag durch schattige kühle laub- und mischwälder. wunderbar bei 29 grad. in turnhout werden wir von der kirmes überrollt, die rund um die kirche auf dem ganzen groten markt tobt und lärmt. wir finden fast den kircheneingang nicht. man kann keinen eindruck vom stadtzentrum bekommen. schön liegt das kastell, von wasser umgeben, das heute gerichtsort ist. wir kaufen ein und ergreifen die flucht. auf dem baalse hei-camping bekommen wir einen schattigen platz ganz hinten, wo es ruhig ist.